Chemnitzer Mikroelektronik-Firma GEMAC wieder auf Kurs
Fünf Jahre nach dem Verfahren will das Unternehmen verstärkt seine Eigenentwicklungen von Sensoren und Messtechnik auf den Markt bringen. Zuletzt bereitete aber die Teile-Beschaffung Sorgen.
Mitarbeiter René Ebert bestückt eine Anlage, in der Leiterplatten gefertigt werden. Die wiederum kommen in Sensoren und Diagnosegeräten zum Einsatz – der Schwerpunkt des Unternehmens GEMAC. Foto: Andreas Seidel
Wenn ein Bagger eine Grube aushebt, ist höchste Präzision bei der Steuerung gefragt. Für die ist die Person im Fahrerhaus verantwortlich, maßgeblich unterstützt aber auch Technik in der Baumaschine das Steuern: Spezielle Sensoren erfassen die Bewegungen der Maschine exakt, wodurch zum Beispiel die Neigung des Fahrzeugs oder die Position der Baggerschaufel bestimmt werden kann. Dies ermöglicht zum einen ein sicheres und präzises Arbeiten, andererseits wird dadurch auch der Weg zur autonom fahrenden bzw. autonom arbeitenden Maschine geebnet. Eben jene Sensoren werden bei der GEMAC entwickelt und hergestellt.
Die Gesellschaft für Mikroelektronikanwendung Chemnitz wurde 1992 mit zwölf Mitarbeitern des VEB Textimaelektronik und des VEB Werkzeugmaschinenkombinat gegründet. Das damit einfließende Ingenieurwissen sorgte dafür, dass sich das neue Unternehmen gut entwickeln konnte und bis Ende der 1990er-Jahre 50 Mitarbeiter beschäftigte. Der Schwerpunkt lag auf dem Entwurf von kundenspezifischen elektronischen Schaltungen und der Entwicklung und Fertigung von Sensoren auf Siliziumbasis. Anfang der 2000er-Jahre profitierte GEMAC von der zunehmenden Bedeutung von Elektronik in Autos und peilte zweistellige Millionen-Umsätze an. Es folgten mehrere Eigentümerwechsel und 2017 ein Insolvenzverfahren. Damals kaufte der Dresdner Robert Hermann die Firma; er und Tilo Rothkirch leiten heute die Geschäfte.
Die GEMAC hat sich mittlerweile auf zwei Standbeinen ausgerichtet. Als Dienstleister fertigen die Chemnitzer Komponenten und Module für beispielsweise Mess- und Medizintechnik. Dieser Bereich macht aktuell noch etwa zwei Drittel des Umsatzes aus und soll moderat weiterwachsen.
Das zweite Standbein sind Eigenentwicklungen: Zum einen eben jene Sensoren, die beispielsweise in Bau‑, Landwirtschafts- und Forstmaschinen zum Einsatz kommen. Zum anderen Mess- und Diagnosetechnik, mit deren Hilfe Ursachen für Fehler in Maschinen erkannt werden können und eine wirtschaftliche Langzeitnutzung sichergestellt wird. Die Diagnosegeräte seien aufgrund ihrer besonderen Messtechnik einzigartig auf dem Markt, heißt es. Die Eigenprodukte sollen künftig stärker wachsen und einen größeren Anteil an den Umsätzen ausmachen, so Rothkirch.
Rund 25.000 Sensoren verlassen jährlich die Produktionsräume im Wanderer-Areal. In das dortige sanierte Industriegebäude ist die GEMAC vor gut 20 Jahren gezogen; es gehört dem Unternehmen mittlerweile. Verkauft werden die hauseigenen Produkte vorrangig an Hersteller großer Maschinen wie Amazone (Landtechnik), Bauer (Spezialtiefbaugeräte) und HSM (Harvester).
Der Umsatz belief sich nach pandemiebedingtem Rückgang im Jahr 2020 zuletzt auf rund neun Millionen Euro. Er soll weiter wachsen, wie auch die Mitarbeiterzahl – aktuell 72, darunter zwölf Ingenieure. Die Grundlage dafür sei mit gutem Knowhow der Mitarbeitenden und Investitionen in Höhe von rund drei Millionen Euro in Fertigungstechnik in den vergangenen beiden Jahren gelegt.
Sorgen bereitet Geschäftsführer Rothkirch eine mögliche Rezession – und der Chipmangel. „Wir haben seit 2021 massiv mit der Beschaffung von Bauteilen zu tun. Die Umsätze, die wir erreichen könnten, schaffen wir wegen fehlender Teile nicht“, sagt der 52-Jährige. Diese Schwierigkeiten würden wohl auch im nächsten Jahr andauern.
Gefertigt wird bei der GEMAC trotzdem im Zwei-Schicht-Betrieb. „Manchmal kratzen wir schon an der dritten Schicht“, sagt Rothkirch. Für die Mitarbeitenden in der Entwicklung und Verwaltung ging das Unternehmen indes einen anderen Weg: Für sie wurde im Sinne einer besseren Work-Life-Balance die 35-Stunden-Woche eingeführt.
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Autor: Benjamin Lummer